Symmetrien und Erhaltungsgrößen

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Kontinuierliche Symmetrien und Erhaltungssätze

Betrachte kontinuierliche Transformationen, unter denen das physikalische System invariant ist.

In diesem Fall gibt es zu jeder kontinuierlichen Invarianz gegen infinitesimale Transformationen eine Erhaltungsgröße I ( Integral der Bewegung oder auch Konstante der Bewegung), das heißt, in diesem Fall gilt:


entlang der Bahn der angenommenen Bewegung ( längs der Bahn).

Dies ist die allgemeine Aussage des Theorems von Emmy Noether

Das Noether Theorem

Voraussetzung: Autonomes, das heißt, nicht explizit zeitabhängiges System mit f Freiheitsgraden und einer Lagrangefunktion



Theorem ( E.Noether, 1882-1935)

Die Lagrangefunktion eines autonomen Systems sei unter der Transformation


invariant. Dabei ist s ein eindimensionaler Parameter und die Identität.

Dann gibt es ein Integral der Bewegung



Beweis:

Sei eine Lösung der Lagrangegleichung. Dann ist auch Lösung, das heißt:



Invarianz der Lagrangefunktion für beliebige s:



Mit



und mit Hilfe von



folgt dann:



Räumliche Translationsinvarianz

Seien die Kräfte konservativ und seien keine Randbedingungen:



Eine Translation in Richtung x ist damit eine Translation der Form:



Der Parameter s ist dabei beliebig.

Die Translationsinvarianz entlang der x- Achse bewirkt nun:



Das bedeutet aber: es darf keine äußere Kraft in x- Richtung geben !

Für die Transformation gilt:



(Identität)



Für unser Integral der Bewegung gilt jedoch:



Fazit: die Translationsinvarianz in x- Richtung bestimmt die Erhaltung der x-Komponente des Gesamtimpulses.

Dieser Zusammenhang ist leicht für die anderen Komponenten zu zeigen.

Dies kann auch umgekehrt betrachtet werden:

Wähle q1=s als verallgemeinerte Koordinate:

Nun gilt die Transformation:



mit


als Schwerpunktskoordinate und


als Relativpositionen.

Es folgt:



wegen


Invarianz Erhaltungssatz


 äquivalent zum Erhaltungssatz


Allgemein heißt der zur Koordinate qj konjugierte verallgemeinerte Impuls.

Falls gilt dass , wenn also die Lagrangefunktion invariant gegen q1- Änderungen ist, dann nennt man q1 eine zyklische Koordinate. der zu q1 konjugierte Impuls ist in diesem Fall eine Erhaltungsgröße .

Hier:



Verallgemeinerung auf Nichtkonservative Kräfte


Xi kennzeichnet dabei die Kraft. Nun steht rechts also die resultierende Kraft in x- Richtung. Existiert keine resultierende Kraft in x- Richtung ( Translationsinvarianz in x- Richtung), so gilt:



Invarianz sagt



Nebenbedingung für das fehlen konservativer Kräfte ( Falls Q1 konservative Kraft ist)



Beispiel: ein Teilchen im Potenzial V=V(y,z)

Das Potenzial hänge nicht von x ab:


Daraus folgt:


In diesem Fall existiert ein Integral der Bewegung:



wegen



Beispiel: 2 Teilchen mit innerer Paarwechselwirkung

 Das Potenzial kann auch anisotrop sein.

Es sollen keine äußeren Kräfte wirken, so dass das Potenzial unabhängig von den Schwerpunktskoordinaten wird.

Gleichzeitig soll Translationsinvarianz entlang x-, - und z- Richtung vorliegen:


für alle i = x,y,z

Somit existieren gleich drei Integrale der Bewegung:



Dies ist, aufgrund des Fehlens äußerer Kräfte, gerade der Schwerpunkts- Erhaltungssatz:



Mit den Schwerpunktskoordinaten



Und der Gesamtmasse



Räumliche Isotropie

Nebenbedingung: konservative Kräfte, keine Zwangsbedingungen

Es erfolgt eine Drehung des Bezugssystems um den Winkel um die z- Achse.

An einer Skizze kann man sich schnell verdeutlichen:



Dabei gilt:



Rotationsinvarianz für die Drehung um die z- Achse:

Betrachten wir infinitesimale Transformationen ( Drehungen um die z- Achse mit kleinen Winkeln



Dabei gilt die rechtsseitige Taylorentwicklung für kleine Winkel. Wir schreiben



Mit als Erzeugende für infinitesimale Drehungen um die z- Achse.

Somit folgt:



Formal schreibt man:



mit


Rotationsinvarianz der Lagrange-Funktion

ist rotationsinvariant, da nur von abhängig und die Drehmatrix ändert die Abstände nicht.

( Drehungen sind orthogonale Transformationen).



wegen:



Als zyklische Permutation gilt dann jedoch:



Mit als gesamtes Drehmoment und der Tatsache, dass die z-Komponente des äußeren resultierenden Drehmomentes verschwindet:



Interpretation nach dem Noetherschen Theorem



Also: Rotationsinvarianz entspricht Drehimpulserhaltung

Andere Betrachtungsweise

Wähle als verallgemeinerte Koordinate

Trafo:


mit


Für infinitesimale Drehung um z-Achse.

Invarianz Erhaltungssätze


 äquivalent zum Erhaltungssatz


Der Winkel ist also eine zyklische Variable.

Berechnet man den verallgemeinerten konjugierten Impuls zu , so ergibt sich:



wegen



Es ergibt sich also wieder die z-Komponente des Drehimpulses als verallgemeinerter Impuls.

Nebenbedingung:

Wir betrachteten hier eine passive Drehung des Korodinatensystems. Die Aktive Drehung des Koordinatensystems ist jedoch äquivalent. Das bedeutet, wir drehen aktiv alle Massenpunkte mit .

Dazu gehören dann die konjugierten Impulse +lz

Beispiel:

N Teilchen mit einer inneren Paarwechselwirkung, die nur vom Abstand abhängt:


mit


Rotationsinvarianz gegen Drehung um alle Achsen:


für beliebige Achsen, da



Also ist der resultierende Drehimpuls eine Erhaltungsgröße

Erzeugende der infinitesimalen Drehung um z-Achse

Die infinitesimale Drehung läßt sich schreiben als:



Mit der Erzeugenden


Bei einer Drehung um den endlichen Winkel gilt:



Es gilt:



mit Definition



Beweis:

Für



Mit Hilfe der Taylorreihen für Sinus und Cosinus folgt dann:



Analog behandelbar ist die Drehung um die x-Achse

Erzeugende:



Hier gewinnen wir die Drehmatrix:



Bei der y- Achse gilt:

Erzeugende:



Hier gewinnen wir die Drehmatrix:



Beliebige Drehungen um den Winkel mit der Drehachse



mit


Die Drehmatrizen bilden nun eine 3- parametrige , stetige, diffbare

und orthogonale Gruppe.

Eine solche Gruppe heißt Lie- Gruppe oder kontinuierliche Gruppe in drei reellen Dimensionen

SO(3)



Mit als Orthogonalitätsbedingung, so dass

und

zum Ausschluß von Raumspiegelungen.

Die Erzeugenden der Drehgruppe bilden eine Lie- Algebra mit dem Lieschen Produkt (=Kommutator):


i,k=x,y,z

Dabei vertauschen 2 Drehungen um unterschiedliche Achsen nicht. Das bedeutet, das Ergebnis hängt von der Reihenfolge ab !:


-> zyklische Permutation des Lieschen Produktes

Zeitliche Translationsinvarianz

Die Zeit spielt in der klassischen Mechanik im Ggstz zur relativistischen Mechanik gegenüber dem Ort eine Sonderrolle.

Deshalb ist eine direkte Anwendung des Noether- Theorems nicht moeglich.

Zeitliche Translationsinvarianz ist erfüllt, falls:

  1. die Zwangsbedingungen die Zeit t nicht explizit enthalten:


Dabei ist Funktion von q1...qf

  1. Nebenbedingung: Aus der Existenz eines Potenzials der eingeprägten Kräfte folgt NICHT automatisch die Erhaltung der Energie, da die Zwangsbedingungen die Zeit enthalten könnten.

Wenn die Zwangsbedingungen die Zeit enthalten, so ist die Energie nicht enthalten.



Kinetische Energie:



Mit


ist abhängig von den q1...qf im Gegensatz zum Fall der kleinen Schwingungen, der eingangs behandelt wurde.

T ist eine homogene quadratische Funktion der


Also


Nach wird partiell abgelitten, dann wird gesetzt.



Obere Äquivalenz ist der sogenannte Eulersche Satz

Da V unabhängig von gilt auch:



Zur totalen Zeitableitung von L:



Somit:


wegen


Somit:



Zeitranslationsinvarianz bedingt also Energieerhaltung !

Oder: Skleronome Zwangsbedingungen: bedingen: E=T+V=constant

Nebenbemerkung

Die Aussage folgt auch aus dem Noether-Theorem, wenn man noch den folgenden Trick anwendet: (Scheck, Aufgabe 2.17)

Mache t zu einer q-artigen Variablen durch eine parametrisierte Darstellung:


Als Lagrangefunktion muss man sich definieren:



soll invariant unter Zeittranslationen sein:



Dann gilt:

  1. Hamiltonsches Prinzip auf

angewandt:



2. Noethersches Theorem für

Integral der Bewegung I:




Also Erhaltung der Energie durch zeitliche Translationsinvarianz

Das Zweikörperproblem

Hier werden die Erhaltungssätze zur Lösung der Bewegungsgleichung verwendet.

Idee:

f Freiheitsgrade -> f Differenzialgleichungen 2. Ordnung

  • 2f Integrationskonstanten nötig ! ( jeweils zweifaches Integrieren). ( Anfangsbedingungen).
  • Also existieren auch 2f Integrale der Bewegung

Falls alle 2f Integrale der Bewegung bekannt wären:



So wäre das Problem vollständig gelöst:



Also ist es das Ziel, möglichst viele Integrale der Bewegung zu finden.

Beispiel: Zweikörperproblem

2 Massen, m1 und m2 unter dem Einfluss Ihrer inneren Wechselwirkung: V(|r1-r2|) ( Zentralpotenzial).

Beispiel: Sonne / Erde unter Gravitationswechselwirkung

Zahl der Freiheitsgrade: f=6

Also: es muessten 12 Integrale der Bewegung existieren

Erhaltungssätze

  1. V(|r1-r2|) ist translationsinvariant.

Somit ist der Impuls: =konstant

Der Schwerpunkt: bewegt sich gleichförmig und geradlinig.

Dies folgt aus:


M:=m1 + m2

Somit sind 6 Integrationskonstanten gefunden:


  1. V(|r1-r2|) ist rotationsinvariant:

Damit ist der Drehimpuls


Es sind drei weitere Integrationskonstanten gefunden.

  1. Die zeitliche Translationsinvarianz bei konservativer Kraft:



Eine Integrationskonstante E

Insgesamt sind 10 Integrale der Bewegung gefunden. Es bleiben nur 2 Integrationskonstanten, nämlich der Nullpunkt der Zeit- und Winkelskala. Diese ergeben sich aus den ANfangsbedingungen.

Impuls- und Drehimpulserhaltung

Lagrange- Formulierung:



Verallgeminerte Koordinaten: Schwerpunktskoordinaten:


Schwerpunktskoordinate


Relativkoordinate

Die Umkehrung liefert dann die gesuchten Größen:



Dabei bezeichnet


den Abstand und


die relative Masse



ist zyklische Koordinate: mit k= x,y,z



Verwende das Schwerpunktsystem als Inertialsystem:

o.B.d.A:


Damit ergibt sich die vereinfachte Lagrangegleichung



mit:



Der Drehimpuls berechnet sich gemäß:


(Rotationsinvarianz)

Somit folgt aber auch (zyklische Vertauschbarkeit):



Beide, Radiusvektor und Geschwindigkeitsvektor liegen in der Ebene senkrecht zu ( Im Schwerpunktsystem).

Übergang zu Polarkoordinaten. Wir legen das Koordinatensystem so, dass der Drehimpuls parallel zur z- Achse zeigt:



Somit:



Nun wählen wir neue verallgemeinerte Koordinaten statt x,y :



ist zyklische Koordinate:


Hier: l = lz, da lx = ly =0

Also:


Flächensatz: 2. keplersches Gesetz

Geometrische Interpretation von

Radiusvektor überstreicht in gleichen Zeiten gleiche Flächen.

Das heißt: Die Flächengeschwindigkei ist konstant:


Für die Fläche gilt:



Dabei gilt die rechtsseitige Näherung für sehr kleine Änderungen in Radiusvektor und Winkel. Bleibt richtig für infinitesimale Betrachtung:



Energieerhaltung und Bahngleichung

Bestimmen wir die Lagranggleichung 2. Art für den radius r:




Somit gilt:



Mit der Zentrifugalkraft


Die Zeitableitung des Winkels können wir eliminieren durch die Bewegungskonstante l:




  1. Integral: Trick: Wir müssen die Gleichung auf zeitliche Änderung bringen. Zu diesem zweck multiplizieren wir alles mit



Somit können wir Integration über die zeit ausführen und es ergibt sich:


Energieerhaltung mit


Andere Interpretation

Die Bewegung der beiden Körper ist ebenfalls als eindimensionale Bewegung in einem effektiven

Radialpotenzial



Dabei wird als Zentrifugalbarriere bezeichnet.

Es ergibt sich:


Somit:



Integration liefert:



Es sind somit t( r) und r( t) berechenbar.

Der Winkel folgt dann aus:


durch Einsetzen:



Es ergibt sich also: .

Die Bahngleichung wird gewonnen gemäß:



Es folgt:



Daraus erhält man als Bahngleichung bzw. .

Die Bahngleichung.

Planetenbewegung und Keplersche Gesetze

Betrachten wir speziell das Gravitationspotenzial als Wechselwirkung:


mit


Somit ergibt sich ein effektives Radialpotenzial gemäß



ALs Grenzwert folgt:



Differenziation findet ein Minimum:



Wegen


ist eine Bewegung nur für möglich. Also muss


Es gilt:


Bahnen sind geschlossen ( Ellipse, Spezialfall: Kreis)


Bahnen sind offen. ( Hyperbeln)

Wir werden sehen, dass für E=0 eine Parabelbahn folgt.

Das Potenzial hat die folgende Gestalt:

Für


Sind die Umkehrpunkte durch


bestimmt ( quadratisch Gleichung in r mit zwei Lösungen):



Für E>0 gibt es nur noch eine Lösung für r, die positiv und damit physikalisch sinnvoll ist.

Aus

gewinnt man den inneren Umkehrpunkt:

Die Bahngleichung kann nun explizit berechnet werden:



Dieses Integral ist nicht leicht zu berechnen, jedoch lediglich ein mathematisches Problem. Es gelingt mit einer geschickten Substitution:

Zunächst soll der Ausdruck unter der Wurzel quadratisch ergänzt werden:



mit



Dabei gilt:



Substitution:



Somit folgt:



Also in Summary:



Eine der Integrationskonstanten,


oder kann frei eingesetzt werden.

Wir wählen den Winkel willkürlich:

Mit der vereinfachenden Wahl von



ergibt sich:



Wesentlich ist unsere Bahngleichung:



Dies ist nämlich, wie jedem Mathematiker bekannt ist, die Gleichung eines Kegelschnitts in Polarkoordinaten:



Für da zweidimensionale Problem ist die Umrechnung auf kartesische Korodinaten sehr einfach:

Dies ist nämlich, wie jedem Mathematiker bekannt ist, die Gleichung eines Kegelschnitts in Polarkoordinaten:



Für folgt:




Dies kann vereinfacht werden zu:



mit der Exzentrizität



Dies ist die Gleichung einer Ellipse mit einem Brennpunkt im Ursprung.

Die Hauptachsen lauten:



Die relative Exzentrizität:



e, die absolute Exzentrizität ist der absolute Abstand zwischen Mittelpunkt der Ellipse und einem Brennpunkt.

Keplersches Gesetz

Folgt also aus der Bewegungsgleichung mit Gravitationspotenzial bei negativen Energien:

Die Planetenbahnen sind Ellipsen, in deren einen Brennpunkt die Sonne steht.

Keplersches Gesetz

T²~a³

Beweis:

Für die Fläche einer Ellipse gilt:



Wenn wir das zweite Keplersche Gesetz verwenden ( Flächensatz), so gilt:



Es ergibt sich der folgende Zusammenhang mit der Umlaufzeit:



Aus der Herleitung des ersten Keplerschen Gesetzes ist bekannt:



Die zweiten Potenzen der Umlaufdauer sind somit nicht exakt proportional zur dritten Potenz der großen Halbachsen, da auch die Masse des Planeten noch eingeht:



Falls die Planeten jedoch deutlich leichter sind als die Zentralgestirne, so gilt:



Leitet man dies aus dem Kraftansatz ab, so steckt der Fehler der Vernachlässigung der Planetenmasse in der Annahme einer kreisförmigen Bewegung um das Zentralgestirn. Das Ergebnis ist ebenso fehlerbelastet.