Variationsprinzipien: Unterschied zwischen den Versionen

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Aktuelle Version vom 9. August 2011, 13:19 Uhr



Idee

Die bisher betrachteten Variationen waren differenziell. Derart wurden sie beim d´Alembertschen Prinzip angewendet. (Differenzielle Variation:

δri


Beim Hamiltonschen Prinzip dagegen wird die gesamte Bahn variiert:

ri(t)


Hat man also eine Bahn gefunden, so variiert man diese, indem eine beliebige, gänzlich von der ersten Bahn verschiedene Bahn betrachtet wird.

Lediglich Anfangs- und Endpunkt zu den Messzeiten t1 und t2 werden festgehalten.


Grundidee des Hamiltonschen Prinzips ist, dass die wirklich angenommene Bahn eine bestimmte Größe, nämlich die sogenannte Wirkung der Bahn, extremal macht.


Fermatsches Prinzip

Dieses Phänomen ist bei der Lichtausbreitung als Fermatsches Prinzip bekannt.

In der geometrischen Optik gibt es die Moeglichkeit, einen Lichtweg zu finden, indem das Fermatsche Prinzip berücksichtigt wird. Demnach sucht sich Licht immer den kürzesten W4eg in einer Anordnung von Spiegeln und brechenden Gläsern mit Brechungsindex n(r)

Vorsicht! Das Licht sucht sich demnach den kürzesten Optischen Weg, also den Weg, der in der kürzesten Dauer zurückgelegt werden kann (Das Licht bewegt sich entlang der lichtartigen Geodäten).

Sei der Brechungsindex

n(r)=cc0


So gilt:


δ12dsn(r)=0


als Bedingung an den tatsächlich zwischen 1 und 2 angenommenen Weg.


Betrachten wir ein Teilchen im kräftefreien Fall, so gilt, dass die Bewegung auf Geodäten stattfindet. Dies sind die kürzesten Verbindungen zwischen zwei Punkten, bei Kugeln beispielsweise die Großkreise. Gemäß der allgemeinen Relativitätstheorie verzerren Masseansammlungen den Raum derartig (die Metrik des Raumes), dass alle Teilchenbahnen Geodäten werden. Unabhängig davon, ob Kräfte vorliegen oder nicht.


Allgemeine Aufgabe der Variationsrechnung

Sei I : C² - > R ein Funktional

Beispiel:

q(t)I[q]:=t1t2dtF(q(t),q˙(t),t)


Die Funktion q(t) sollte zweimal stetig differenzierbar und reell sein. (Bahnkurve mit existierender Geschwindigkeit und Beschleunigung).

Die Aufgabe lautet nun:

Suche ein q(t) derart, dass

δI[q]=0


Das Funktional sollte also in q(t) extremal werden. Sprich, Maximum, Minimum oder Sattelpunkt aufweisen.

Die Variierten Bahnen

Eine Variierte Bahn ist dann eine Bahn, die zu jeder Zeit t mit t1<t<t2 (eigentlich kleiner gleich) dem Punkt q(t) auf der reellen Bahn einen variierten Bezugspunkt q´(t) auf der variierten Bahn zuordnet.

Dabei gilt:

1.

q´(t)C2 Die variierten Punkte stammen auch aus quadratintegrabelen komplexen Funktionen

2.

δq(t):=q´(t)q(t) differenzielle Variation. Die Zeit wird nicht variiert.

3.

δt=0


4.

q´(t1)=q(t1)q´(t2)=q(t2) Anfangs- und Endpunkt sind fest

5.

δq(t1)=δq(t2)=0


Da die Variation der Integrationsgrenzen verschwindet kann Integration und Variation vertauscht werden:


0=δt1t2dtF(q,q˙,t)=t1t2dtδF(q,q˙,t)=t1t2dt[Fqδq+Fq˙δq˙]


Die letzte Identität gilt, da die Variation nicht auf die Zeit bezogen werden muss (Zeit wird nicht variiert).

Für die variierte Geschwindigkeit gilt:


δq˙(t):=q˙´(t)q˙(t)=ddt(q´(t)q(t))=ddtδq


Also folgt mit Hilfe partieller Integration


t1t2dt[Fqδq+Fq˙δq˙]=t1t2dt[Fqδq+Fq˙ddtδq]=t1t2dt[FqδqddtFq˙δq]+Fq˙δq|t1t2


Da jedoch die Variation an den Grenzen t1 und t2 verschwindet gilt:


t1t2dt[FqddtFq˙]δq=0


Da q jedoch völlig frei variierbar ist:


{{Def|FqddtFq˙=0


Dies ist die verallgemeinerte Euler-Lagrange- Gleichung der Variationsrechnung|Euler-Lagrange-Gleichung]]

Diese Differenzialgleichung ist äquivalent zum Integralprinzip


δI[q]=0


Neben der Einführung einer bijektiven Abbildung zwischen Bahnpunkten bund variierten Punkten ergibt sich auch die leichte Möglichkeit der Ableitung durch Einführung eines Variationsparameters:

α


q(t,α)=q(t)+αη(t)


Die konkurrierende Funktion wird durch den Parameter

α

bei festem

η(t)

parametrisiert.

Weitere Möglichkeiten sind zu finden unter „direkte Methoden der Variationsrechnung"

Exkurs zur Variationsrechnung

  1. Das Extremum einer Funktion f(x) bei einer Variablen
δf(x)=f(x+δx)f(x)=ddxf(x)δx=0

für beliebige Variationen


δx0


ddxf(x)=0

an x=x0 (Nullstelle)

  1. Extremum einer Funktion f(x1,x2,...,xN) mehrerer Variablen


δf=f(x1+δx1,...)f(x1,...)=i=1Nxif(x)δxi=0

für beliebige

δxi0


fxi=0

i=1...,N bei xi =xi0 (Nullstellen der Funktion)

entsprechend:

3. Extremum eines Funktionals

f[x]=f[x(t)]


x1,...,xN>x(t)δx1,...,δxN>δx(t)δf=i=1Nfxiδxi>δf=t1t2dtδfδx(t)δx(t) Mit δfδx(t)

als Funktionalableitung

Beispiel : Integral als Funktional

Sei

f[x]:=t1t2dtF(x(t))


δf=f[x(t)+δx(t)]f[x(t)]=t1t2dt{F(x(t)+δx(t))F(x(t))}


=t1t2dtdF(x)dxδx(t)dF(x)dx=δfδx(t) wegen δf=i=1Nfxiδxi>δf=t1t2dtδfδx(t)δx(t)


δf=t1t2dtdF(x)dxδx(t)=0fu¨rbeliebigeδx(t)(Extremum)


Somit folgt jedoch wegen der Beliebigkeit der variierten x:


dF(x)dx=δfδx(t)=0

als Funktionalgleichung zur Berechnung von x(t)

Bei Abhängigkeit von

x,x˙


f[x,x˙]=t1t2dtF(x(t),x˙(t))


δf=t1t2dtδF(x,x˙)=t1t2dt{Fxδx+Fx˙δx˙}=t1t2dt{Fx+ddtFx˙}δx(t)


Im Extremum gilt dies wieder für beliebige Variationen

δx(t).


Somit gewinnt man die Euler-Lagrange- Gleichung zur Berechnung von x(t):


Fx+ddtFx˙=0

Siehe auch

Euler-Lagrange-Gleichungen