Symmetrien und Erhaltungsgrößen

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Kontinuierliche Symmetrien und Erhaltungssätze

Betrachte kontinuierliche Transformationen, unter denen das physikalische System invariant ist.

In diesem Fall gibt es zu jeder kontinuierlichen Invarianz gegen infinitesimale Transformationen eine Erhaltungsgröße I ( Integral der Bewegung oder auch Konstante der Bewegung), das heißt, in diesem Fall gilt:


dIdt=0 entlang der Bahn der angenommenen Bewegung ( längs der Bahn).

Dies ist die allgemeine Aussage des Theorems von Emmy Noether

Das Noether Theorem

Voraussetzung: Autonomes, das heißt, nicht explizit zeitabhängiges System mit f Freiheitsgraden und einer Lagrangefunktion


L(q1,...,q˙1,...,t)


Theorem ( E.Noether, 1882-1935)

Die Lagrangefunktion L(q1,...,q˙1,...,t) eines autonomen Systems sei unter der Transformation


q¯hs(q¯) invariant. Dabei ist s ein eindimensionaler Parameter und hs=0(q¯)=q¯ die Identität.

Dann gibt es ein Integral der Bewegung


I(q¯,q¯˙)=i=1fLq˙i(ddshs(qi))s=0


Beweis:

Sei q¯=q¯(t) eine Lösung der Lagrangegleichung. Dann ist auch q¯(s,t):=hs(q¯,t) Lösung, das heißt:


ddtL(q¯(s,t),q¯˙(s,t))q˙i=L(q¯(s,t),q¯˙(s,t))qi


Invarianz der Lagrangefunktion für beliebige s:


ddsL(q¯(s,t),q¯˙(s,t))=i=1f(Lqi(dqids)+Lq˙i(dq˙ids))=0ddtI(q¯,q¯˙)=i=1fddt(Lq˙i(ddshs(qi))s=0)=i=1f(ddtLq˙i(dqids)+Lq˙iddt(dqids))


Mit


ddtLq˙i=Lqiddt(dqids)=(dq˙ids)


und mit Hilfe von


ddsL(q¯(s,t),q¯˙(s,t))=i=1f(Lqi(dqids)+Lq˙i(dq˙ids))=0


folgt dann:


ddtI(q¯,q¯˙)=ddsL=0


Räumliche Translationsinvarianz

Seien die Kräfte konservativ und seien keine Randbedingungen:


L=12i=1Nmir¯˙i2V(r¯1,...,r¯N)


Eine Translation in Richtung x ist damit eine Translation der Form:


hs:r¯ir¯i+se¯xi=1,..,N


Der Parameter s ist dabei beliebig.

Die Translationsinvarianz entlang der x- Achse bewirkt nun:


L(hs(r¯i),r¯˙i)=12i=1Nmir¯˙i2V(r¯1+se¯x,...,r¯N+se¯x)=L(r¯i,r¯˙i)Forderung!dLds=i=1N(rie¯x)V=i=1NxiV=0Forderung!


Das bedeutet aber: es darf keine äußere Kraft in x- Richtung geben !

Für die Transformation gilt:


hs(r¯i)=r¯i+se¯xi=1,..,N


hs=0(r¯i)=r¯i (Identität)


ddshs(r¯i)=e¯x


Für unser Integral der Bewegung gilt jedoch:


I=i=1Nr˙iLdhsds=imir¯˙ie¯x=imix˙i=Px


Fazit: die Translationsinvarianz in x- Richtung bestimmt die Erhaltung der x-Komponente des Gesamtimpulses.

Dieser Zusammenhang ist leicht für die anderen Komponenten zu zeigen.

Dies kann auch umgekehrt betrachtet werden:

Wähle q1=s als verallgemeinerte Koordinate:

Nun gilt die Transformation:


r¯i=r¯i(q1,...,qf,t)=q1e¯x+Δr¯i(q1,...,qf,t)


mit


q1e¯x

als Schwerpunktskoordinate und


Δr¯i(q1,...,qf,t)

als Relativpositionen.

Es folgt:


q1r¯i=e¯x


q˙1r¯˙i=q1r¯i=e¯x

wegen

r¯˙i=kqkr¯iq˙k+tr¯i


Invarianz Erhaltungssatz


Lq1=0ddtLq˙1=0

 äquivalent zum Erhaltungssatz

Lq˙1=const


Allgemein heißt Lq˙j=pj der zur Koordinate qj konjugierte verallgemeinerte Impuls.

Falls gilt dass Lq1=0ddtLq˙1=0 , wenn also die Lagrangefunktion invariant gegen q1- Änderungen ist, dann nennt man q1 eine zyklische Koordinate. der zu q1 konjugierte Impuls ist in diesem Fall eine Erhaltungsgröße .

Hier:


p1=Lq˙1=q˙1(TV)=Tq˙1=q˙1(i12mir¯˙i2)=imir¯˙iq˙1r¯˙imitq˙1r¯˙i=e¯xp1=imir¯˙ie¯x=Px


Verallgemeinerung auf Nichtkonservative Kräfte

ddtTq˙1Tq1=Q1=iX¯iq1r¯i=e¯xiX¯i


Xi kennzeichnet dabei die Kraft. Nun steht rechts also die resultierende Kraft in x- Richtung. Existiert keine resultierende Kraft in x- Richtung ( Translationsinvarianz in x- Richtung), so gilt:


ddtTq˙1Tq1=Q1=iX¯iq1r¯i=e¯xiX¯i=0


Invarianz sagt


Tq1=Q1=0ddtTq˙1=0Px=Tq˙1=const


Nebenbedingung für das fehlen konservativer Kräfte ( Falls Q1 konservative Kraft ist)


Q1=0q1V(r¯1+q1e¯x,...,r¯N+q1e¯x)=iriVq1(q1e¯x)=e¯xiriV=e¯xiX¯i=0


Beispiel: ein Teilchen im Potenzial V=V(y,z)

Das Potenzial hänge nicht von x ab: Lx=0


Daraus folgt: Lx˙=mx˙=Px=const


In diesem Fall existiert ein Integral der Bewegung:


I(r¯,r¯˙)=Lr¯˙dhsds=Lx˙=Px=const


wegen


Lr¯˙=r˙Ldhsds=e¯x


Beispiel: 2 Teilchen mit innerer Paarwechselwirkung

V(r¯1,r¯2)=V(r¯1r¯2)

 Das Potenzial kann auch anisotrop sein.

Es sollen keine äußeren Kräfte wirken, so dass das Potenzial unabhängig von den Schwerpunktskoordinaten wird.

Gleichzeitig soll Translationsinvarianz entlang x-, - und z- Richtung vorliegen:


L(r¯1,r¯2,r¯˙1,r¯˙2)=m12r¯˙12+m22r¯˙22V(r¯1r¯2)L(hs(r¯1),hs(r¯2),r¯˙1,r¯˙2)=m12r¯˙12+m22r¯˙22V((r¯1se¯i)(r¯2se¯i))=L(r¯1,r¯2,r¯˙1,r¯˙2) für alle i = x,y,z

Somit existieren gleich drei Integrale der Bewegung:


Ix=Lr¯˙1e¯x+Lr¯˙2e¯x=Lx˙1+Lx˙2=m1x˙1+m2x˙2=Px=constIy=Lr¯˙1e¯y+Lr¯˙2e¯y=Ly˙1+Ly˙2=m1y˙1+m2y˙2=Py=constIz=Lr¯˙1e¯z+Lr¯˙2e¯z=Lz˙1+Lz˙2=m1z˙1+m2z˙2=Pz=const


Dies ist, aufgrund des Fehlens äußerer Kräfte, gerade der Schwerpunkts- Erhaltungssatz:


MR¯˙=P¯=const


Mit den Schwerpunktskoordinaten


R¯:=1Mi=12mir¯i


Und der Gesamtmasse


M:=i=12mi


Räumliche Isotropie

Nebenbedingung: konservative Kräfte, keine Zwangsbedingungen

Es erfolgt eine Drehung des Bezugssystems um den Winkel ϕ=s um die z- Achse.

An einer Skizze kann man sich schnell verdeutlichen:


hs:r¯i=(xi,yi,zi)r¯i´=(x´i,y´i,z´i)


Dabei gilt:


xi´=xicoss+yisinsyi´=yicossxisinszi´=zi


Rotationsinvarianz für die Drehung um die z- Achse:

Betrachten wir infinitesimale Transformationen ( Drehungen um die z- Achse mit kleinen Winkeln δϕ=δs


(xi´yi´zi´)=(cosssins0sinscoss0001)(xiyizi)[(100010001)+(0s0s00000)](xiyizi)


Dabei gilt die rechtsseitige Taylorentwicklung für kleine Winkel. Wir schreiben


(0s0s00000)=sJ¯¯z


Mit J¯¯z als Erzeugende für infinitesimale Drehungen um die z- Achse.

Somit folgt:


(xi´yi´zi´)=(xiyizi)+s(yixi0)=(xiyizi)+s(r¯i×e¯z)


Formal schreibt man:


r¯i´=hs(r¯i)|s=0+s(ddshs(r¯i))s=0+O(s2)


mit (ddshs(r¯i))s=0=r¯i×e¯z


Rotationsinvarianz der Lagrange-Funktion

T=12imir¯˙i2 ist rotationsinvariant, da nur von |r¯˙i| abhängig und die Drehmatrix ändert die Abstände nicht.

( Drehungen sind orthogonale Transformationen).


(Ls)s=0=(Vs)s=0=i=1N(ri´V)(dr¯i´ds)s=0=i=1NF¯i(r¯i×e¯z)


wegen:


(ri´V)=F¯i(dr¯i´ds)s=0=(dhsds)s=0


Als zyklische Permutation gilt dann jedoch:


(Ls)s=0=(Vs)s=0=e¯zi(F¯i×r¯i)=e¯zi(r¯i×F¯i)


Mit i(r¯i×F¯i) als gesamtes Drehmoment und der Tatsache, dass die z-Komponente des äußeren resultierenden Drehmomentes verschwindet:


e¯zi(r¯i×F¯i)=(Ls)s=0=(Vs)s=0=0


Interpretation nach dem Noetherschen Theorem


I(r¯,r¯˙)=i=1NLr¯˙i(dhsds)s=0=imir¯˙i(r¯i×e¯z)=e¯zi(r¯i×mir¯˙i)=e¯zl¯=lz


Also: Rotationsinvarianz entspricht Drehimpulserhaltung

Andere Betrachtungsweise

Wähle q1=ϕ=s als verallgemeinerte Koordinate

Trafo: r¯i=r¯i(ϕ,q2,...,qf,t)


mit q1r¯i=(ddshs(r¯i))s=0=r¯i×e¯z


Für infinitesimale Drehung um z-Achse.

Invarianz Erhaltungssätze


Lq1=0ddtLq˙1=0

 äquivalent zum Erhaltungssatz

p1=Lq˙1=const


Der Winkel ist also eine zyklische Variable.

Berechnet man den verallgemeinerten konjugierten Impuls zu q1=ϕ=s , so ergibt sich:


p1=Lq˙1=Lq˙1=12imiq˙1r¯˙i2=imir¯˙iq˙1r¯˙i=imir¯˙i(r¯i×e¯z)=e¯zi(r¯i×mir¯˙i)=lz


wegen


q˙1r¯˙i=q1r¯idar¯˙i=kr¯iqkq˙k+r¯it


Es ergibt sich also wieder die z-Komponente des Drehimpulses als verallgemeinerter Impuls.

Nebenbedingung:

Wir betrachteten hier eine passive Drehung des Korodinatensystems. Die Aktive Drehung des Koordinatensystems ist jedoch äquivalent. Das bedeutet, wir drehen aktiv alle Massenpunkte mit ϕ~=ϕ .

Dazu gehören dann die konjugierten Impulse +lz

Beispiel:

N Teilchen mit einer inneren Paarwechselwirkung, die nur vom Abstand abhängt:


V(r¯1,...,r¯N)=V(r12,...,rij,...) mit rij=|r¯ir¯j|


Rotationsinvarianz gegen Drehung um alle Achsen:


V(r12,...,rij,...)ϕ=i,jVrijϕrij=0 für beliebige Achsen, da


ϕrij=ϕ[(r¯ir¯j)(r¯ir¯j)]1/2=1rij(r¯ir¯j)ϕ(r¯ir¯j)=r¯ir¯jrij(ϕr¯iϕr¯j)ϕr¯i=r¯i×e¯kr¯ir¯jrij(ϕr¯iϕr¯j)=r¯ir¯jrij[(r¯ir¯j)×e¯k]=1rije¯k[(r¯ir¯j)×(r¯ir¯j)]=0


Also ist der resultierende Drehimpuls l¯ eine Erhaltungsgröße

Erzeugende der infinitesimalen Drehung um z-Achse

Die infinitesimale Drehung läßt sich schreiben als:


r¯i´=hs(r¯i)=(1¯¯sJ¯¯z)r¯i


Mit der Erzeugenden J¯¯z=(010100000)


Bei einer Drehung um den endlichen Winkel ϕ gilt:


r¯i´=R¯¯z(ϕ)r¯i=(cosϕsinϕ0sinϕcosϕ0001)r¯i


Es gilt:


R¯¯z(ϕ)=exp(J¯¯zϕ)


mit Definition


exp(J¯¯zϕ):=1¯¯+(J¯¯zϕ)+12(J¯¯zϕ)2+...+1k!(J¯¯zϕ)k


Beweis:

Für


M¯¯=(0110)M¯¯2=1¯¯,M¯¯3=M¯¯,M¯¯4=1¯¯M¯¯2n=(1)n1¯¯M¯¯(2n+1)=(1)nM¯¯


Mit Hilfe der Taylorreihen für Sinus und Cosinus folgt dann:


(cosϕsinϕsinϕcosϕ)=1¯¯n=0(1)n(2n)!ϕ2nM¯¯n=0(1)n(2n+1)!ϕ2n+1=n=01(2n)!M¯¯2nϕ2nM¯¯n=01(2n+1)!M¯¯2n+1ϕ2n+1=exp(M¯¯ϕ)


Analog behandelbar ist die Drehung um die x-Achse

Erzeugende:


J¯¯x=(000001010)


Hier gewinnen wir die Drehmatrix:


R¯¯x(ϕ)=exp(J¯¯xϕ)


Bei der y- Achse gilt:

Erzeugende:


J¯¯y=(001000100)


Hier gewinnen wir die Drehmatrix:


R¯¯y(ϕ)=exp(J¯¯yϕ)


Beliebige Drehungen um den Winkel ϕ mit der Drehachse n¯


R¯¯(ϕ¯)=exp(ϕi=13niJ¯¯i)


mit ϕ¯:=ϕn¯


Die Drehmatrizen R¯¯(ϕ¯)=exp(ϕi=13niJ¯¯i) bilden nun eine 3- parametrige (ϕ1,ϕ2,ϕ3) , stetige, diffbare (inϕ)

und orthogonale Gruppe.

Eine solche Gruppe heißt Lie- Gruppe oder kontinuierliche Gruppe in drei reellen Dimensionen

SO(3)


SO(3)={R¯¯:R3R3linear|R¯¯tR¯¯=1|detR¯¯=1}


Mit R¯¯tR¯¯=1 als Orthogonalitätsbedingung, so dass |r¯´|=|r¯|

und

detR¯¯=1 zum Ausschluß von Raumspiegelungen.

Die Erzeugenden J¯¯i der Drehgruppe bilden eine Lie- Algebra mit dem Lieschen Produkt (=Kommutator):


[J¯¯i,J¯¯k]=J¯¯iJ¯¯kJ¯¯kJ¯¯i i,k=x,y,z

Dabei vertauschen 2 Drehungen um unterschiedliche Achsen nicht. Das bedeutet, das Ergebnis hängt von der Reihenfolge ab !:


[J¯¯x,J¯¯y]=J¯¯z[J¯¯z,J¯¯x]=J¯¯y[J¯¯y,J¯¯z]=J¯¯x

-> zyklische Permutation des Lieschen Produktes

Zeitliche Translationsinvarianz

Die Zeit spielt in der klassischen Mechanik im Ggstz zur relativistischen Mechanik gegenüber dem Ort eine Sonderrolle.

Deshalb ist eine direkte Anwendung des Noether- Theorems nicht moeglich.

Zeitliche Translationsinvarianz ist erfüllt, falls:

  1. die Zwangsbedingungen die Zeit t nicht explizit enthalten:

r¯i=r¯i(q1,...,qf)tr¯i=0r¯˙i=jqjr¯iq˙j


Dabei ist qjr¯i Funktion von q1...qf

tL=0

  1. Nebenbedingung: Aus der Existenz eines Potenzials der eingeprägten Kräfte folgt NICHT automatisch die Erhaltung der Energie, da die Zwangsbedingungen die Zeit enthalten könnten.

Wenn die Zwangsbedingungen die Zeit enthalten, so ist die Energie nicht enthalten.


r¯i=r¯i(q1,...,qf,t)


Kinetische Energie:


T=12imir¯˙i2=12j,kTjkq˙jq˙k


Mit


Tjk=i=1Nmi(r¯iqj)(r¯iqk) ist abhängig von den q1...qf im Gegensatz zum Fall der kleinen Schwingungen, der eingangs behandelt wurde.

T ist eine homogene quadratische Funktion der q˙1...q˙f


Also T(λq˙1,...,λq˙f)=λ2T(q˙1,...,q˙f)


Nach λ wird partiell abgelitten, dann wird λ=1 gesetzt.


k=1N(T(λq˙k))((λq˙k)λ)|λ=1=2λT|λ=1k=1N(T(q˙k))q˙k=2T((λq˙k)λ)=q˙k


Obere Äquivalenz ist der sogenannte Eulersche Satz

Da V unabhängig von q˙1...q˙f gilt auch:


k=1N(L(q˙k))q˙k=2T


Zur totalen Zeitableitung von L:


dLdt=k(Lq˙kq¨k+Lqkq˙k)+LtLqk=ddtLq˙kundLt=0wegen2.(oben)


Somit:


dLdt=k(Lq˙kq¨k+ddtLq˙kq˙k)=ddtkLq˙kq˙k=2dTdt wegen k=1N(L(q˙k))q˙k=2T


Somit:


0=ddt(2TL)=ddt(T+V)T+V=konst


Zeitranslationsinvarianz bedingt also Energieerhaltung !

Oder: Skleronome Zwangsbedingungen: Lt=0 bedingen: E=T+V=constant

Nebenbemerkung

Die Aussage folgt auch aus dem Noether-Theorem, wenn man noch den folgenden Trick anwendet: (Scheck, Aufgabe 2.17)

Mache t zu einer q-artigen Variablen durch eine parametrisierte Darstellung: qk=qk(τ),t=t(τ)


Als Lagrangefunktion muss man sich definieren:


L¯(qk,t,dqkdτ,dtdτ):=L(qk,1(dtdτ)dqkdτ,t,dtdτ)


soll invariant unter Zeittranslationen sein:


hs(q¯,t)=(q¯,t+s)


Dann gilt:

  1. Hamiltonsches Prinzip auf

L¯

angewandt:


0=δτ1τ2L¯dτ=δt1t2LdtddtLq˙kLqk=0


2. Noethersches Theorem für L¯

Integral der Bewegung I:


I=i=1f+1Lq˙i(ddshs(q1,...,qf+1))s=0=L¯q˙f+1mit(ddshs(q1,...,qf+1))=(0,...,0,1)fNullen,1anStellef+1mitqf+1=t


I=L¯q˙f+1=L¯(dtdτ)=L+k=1fLq˙k(1(dtdτ)2)dqkdτdtdτ=Lk=1f(L(q˙k))q˙k=TV2T=(TV)


Also Erhaltung der Energie durch zeitliche Translationsinvarianz

Das Zweikörperproblem

Hier werden die Erhaltungssätze zur Lösung der Bewegungsgleichung verwendet.

Idee:

f Freiheitsgrade -> f Differenzialgleichungen 2. Ordnung

  • 2f Integrationskonstanten nötig ! ( jeweils zweifaches Integrieren). ( Anfangsbedingungen).
  • Also existieren auch 2f Integrale der Bewegung

Falls alle 2f Integrale der Bewegung bekannt wären:


Ir(q1,...,qf,q˙1,...q˙f)=crr=1,...2f


So wäre das Problem vollständig gelöst:


qk=qk(c1,...,c2f,t)k=1,...,f


Also ist es das Ziel, möglichst viele Integrale der Bewegung zu finden.

Beispiel: Zweikörperproblem

2 Massen, m1 und m2 unter dem Einfluss Ihrer inneren Wechselwirkung: V(|r1-r2|) ( Zentralpotenzial).

Beispiel: Sonne / Erde unter Gravitationswechselwirkung

Zahl der Freiheitsgrade: f=6

Also: es muessten 12 Integrale der Bewegung existieren

Erhaltungssätze

  1. V(|r1-r2|) ist translationsinvariant.

Somit ist der Impuls: P¯=p¯1+p¯2 =konstant

Der Schwerpunkt: R¯=1MP¯t+R¯0 bewegt sich gleichförmig und geradlinig.

Dies folgt aus: MR¯˙=P¯=const


M:=m1 + m2

Somit sind 6 Integrationskonstanten gefunden: P¯,R¯


  1. V(|r1-r2|) ist rotationsinvariant:

Damit ist der Drehimpuls l¯=m1r¯1×v¯1+m2r¯2×v¯2=const


Es sind drei weitere Integrationskonstanten l¯ gefunden.

  1. Die zeitliche Translationsinvarianz bei konservativer Kraft:


E=12m1v¯12+12m2v¯22+V(|r¯1r¯2|)=const


Eine Integrationskonstante E

Insgesamt sind 10 Integrale der Bewegung gefunden. Es bleiben nur 2 Integrationskonstanten, nämlich der Nullpunkt der Zeit- und Winkelskala. Diese ergeben sich aus den ANfangsbedingungen.

Impuls- und Drehimpulserhaltung

Lagrange- Formulierung:


L=TV=12m1v¯12+12m2v¯22V(|r¯1r¯2|)


Verallgeminerte Koordinaten: Schwerpunktskoordinaten:


(q1q2q3):=R¯=1M(m1r¯1+m2r¯2) Schwerpunktskoordinate


(q4q5q6):=r¯=r¯1r¯2 Relativkoordinate

Die Umkehrung liefert dann die gesuchten Größen:


r¯1=R¯+m2Mr¯r¯2=R¯m1Mr¯r¯˙1=R¯˙+m2Mr¯˙r¯˙2=R¯˙m1Mr¯˙L=M2R¯˙2+12mr¯˙2V(r)


Dabei bezeichnet


r:=|r¯|

den Abstand und


m=m1m2m1+m2 die relative Masse


L=M2R¯˙2+12mr¯˙2V(r)


R¯ ist zyklische Koordinate: LRk=0LR˙k=MR˙k=Pk=const mit k= x,y,z


R¯=1MP¯t+R¯0


Verwende das Schwerpunktsystem als Inertialsystem:

o.B.d.A: R¯=R¯˙=0


Damit ergibt sich die vereinfachte Lagrangegleichung


L=12mr¯˙2V(r)


mit:


r¯1=+m2Mr¯r¯2=m1Mr¯r¯˙1=+m2Mr¯˙r¯˙2=m1Mr¯˙


Der Drehimpuls berechnet sich gemäß:


l¯=m1r¯1×v¯1+m2r¯2×v¯2=(m1m22M2+m2m12M2)r¯×r¯˙=mr¯×r¯˙=const (Rotationsinvarianz)

Somit folgt aber auch (zyklische Vertauschbarkeit):


l¯r¯=l¯r¯˙=0


Beide, Radiusvektor und Geschwindigkeitsvektor r¯,r¯˙ liegen in der Ebene senkrecht zu l¯ ( Im Schwerpunktsystem).

Übergang zu Polarkoordinaten. Wir legen das Koordinatensystem so, dass der Drehimpuls parallel zur z- Achse zeigt:


x=rcosϕx˙=r˙cosϕrϕ˙sinϕy=rsinϕy˙=r˙sinϕ+rϕ˙cosϕ


Somit:


r¯˙2=x˙2+y˙2=...=r˙2+r2ϕ˙2


Nun wählen wir neue verallgemeinerte Koordinaten statt x,y : (r,ϕ)


L=12m(r˙2+r2ϕ˙2)V(r)


ϕ ist zyklische Koordinate: Lϕ=0Lϕ˙=mr2ϕ˙=l=const


Hier: l = lz, da lx = ly =0

Also: mr2ϕ˙=lz=m(xy˙yx˙)=const


Flächensatz: 2. keplersches Gesetz

Geometrische Interpretation von mr2ϕ˙=lz=m(xy˙yx˙)=const

Radiusvektor überstreicht in gleichen Zeiten gleiche Flächen.

Das heißt: Die Flächengeschwindigkei ist konstant:


Für die Fläche gilt:


δF=12|r¯||r¯+δr¯|sinδϕ12r2δϕ


Dabei gilt die rechtsseitige Näherung für sehr kleine Änderungen in Radiusvektor und Winkel. Bleibt richtig für infinitesimale Betrachtung:


ddtF=12r2dϕdt=l2m=const


Energieerhaltung und Bahngleichung

Bestimmen wir die Lagranggleichung 2. Art für den radius r:


ddtLr˙Lr=0


Lr˙=mr˙Lr=mrϕ˙2V´(r)


Somit gilt:


mr¨mrϕ˙2+V´(r)=0


Mit der Zentrifugalkraft mrϕ˙2


Die Zeitableitung des Winkels können wir eliminieren durch die Bewegungskonstante l:


ϕ˙=lmr2


mr¨l2mr3+V´(r)=0


  1. Integral: Trick: Wir müssen die Gleichung auf zeitliche Änderung bringen. Zu diesem zweck multiplizieren wir alles mit

r˙


mr¨r˙l2mr3r˙+r˙V´(r)=0mr¨r˙=ddt(m2r˙2)l2mr3r˙=ddt(l22mr2)r˙V´(r)=ddtV(r)


Somit können wir Integration über die zeit ausführen und es ergibt sich:


m2r˙2+l22mr2+V(r)=const=E Energieerhaltung mit T=m2(r˙2+l2m2r2)=m2(r˙2+r2ϕ˙2)


Andere Interpretation

Die Bewegung der beiden Körper ist ebenfalls als eindimensionale Bewegung in einem effektiven

Radialpotenzial


V~(r):=l22mr2+V(r)


Dabei wird l22mr2 als Zentrifugalbarriere bezeichnet.

Es ergibt sich: m2r˙2+V~(r)=const=E


Somit:


r˙=2m(EV~(r))=drdt


Integration liefert:


rordr´2m(EV~(r´))=totdt´


Es sind somit t( r) und r( t) berechenbar.

Der Winkel folgt dann aus:


ϕ˙=dϕdt=lmr(t)2 durch Einsetzen:


ϕoϕdϕ´=totlmr2(t´)dt´


Es ergibt sich also: ϕ(t) .

Die Bahngleichung wird gewonnen gemäß:


drdϕ=r˙ϕ˙=mr22m(EV~(r))l=r22ml2(EV~(r))


Es folgt:


ϕoϕdϕ´=rordr´1r´22ml2(EV~(r´))


Daraus erhält man als Bahngleichung ϕ(r) bzw. r(ϕ) .

Die Bahngleichung.

Planetenbewegung und Keplersche Gesetze

Betrachten wir speziell das Gravitationspotenzial als Wechselwirkung:


V(r)=γm1m2r mit r=|r¯1r¯2|


Somit ergibt sich ein effektives Radialpotenzial gemäß


V~(r)=kr+l22mr2k:=γm1m>0


ALs Grenzwert folgt:


r0:V~(r)=l22mr2r:V~(r)=kr0


Differenziation findet ein Minimum:


dV~(r)dr=kr2l2mr3=0ro=l2mkV~(ro)=mk22l2


Wegen


m2r˙2=EV~(r) ist eine Bewegung nur für EV~(r)0 möglich. Also muss EV~(r)


Es gilt:


0>EV~(ro)0>Emk22l2

Bahnen sind geschlossen ( Ellipse, Spezialfall: Kreis)


E>0 Bahnen sind offen. ( Hyperbeln)

Wir werden sehen, dass für E=0 eine Parabelbahn folgt.

Das Potenzial hat die folgende Gestalt:

Für 0>EV~(ro)0>Emk22l2


Sind die Umkehrpunkte durch V~(r)=kr+l22mr2=E


bestimmt ( quadratisch Gleichung in r mit zwei Lösungen):


rmin/max=12|E|(kk22l2|E|m)


Für E>0 gibt es nur noch eine Lösung für r, die positiv und damit physikalisch sinnvoll ist.

Aus

gewinnt man den inneren Umkehrpunkt:

Die Bahngleichung kann nun explizit berechnet werden:


ϕoϕdϕ´=ϕϕo=rordr´1r´22ml2(EV~(r´))=rordr´r´212mEl2+2mkl2r´1r´2


Dieses Integral ist nicht leicht zu berechnen, jedoch lediglich ein mathematisches Problem. Es gelingt mit einer geschickten Substitution:

Zunächst soll der Ausdruck unter der Wurzel quadratisch ergänzt werden:


2mEl2+2mkl2r´1r´2=(1r´mkl2)2+m2k2l4+2mEl2


mit


(1r´mkl2)2+m2k2l4+2mEl2:=D[11D(1r´mkl2)2]D:=2ml2(mk22l2+E)


Dabei gilt:


mk22l2=V~(ro)D:=2ml2(mk22l2+E)0


Substitution:


cosϑ´:=1D(1r´mkl2)dcosϑdr´=1D(1r´2)dcosϑdϑ=sinϑ´sinϑdϑ=dcosϑsinϑ´dϑ=1D(dr´r´2)


Somit folgt:


ϕϕo=rordr´r´212mEl2+2mkl2r´1r´2=rordr´r´21D[11D(1r´mkl2)2]=rordr´r´21D[11D(1r´mkl2)]rordr´r´21D[11D(1r´mkl2)]=ϑ0ϑdϑ´sinϑ´11cos2ϑ´=ϑ0ϑdϑ´=ϑϑ0ϑϑ0=arccos1D(1rmkl2)arccos1D(1romkl2)


Also in Summary:


ϕϕo=arccos1D(1rmkl2)arccos1D(1romkl2)


Eine der Integrationskonstanten,


ϕo oder ro kann frei eingesetzt werden.

Wir wählen den Winkel willkürlich:

Mit der vereinfachenden Wahl von


ϕo=arccos1D(1romkl2)


ergibt sich:


ϕ(r)=arccos1D(1rmkl2)1r(ϕ)=mkl2+Dcosϕ=mkl2(1+εcosϕ)mitε:=Dl2mk=1+2El2mk2


Wesentlich ist unsere Bahngleichung:


1r(ϕ)=mkl2+Dcosϕ=mkl2(1+εcosϕ)


Dies ist nämlich, wie jedem Mathematiker bekannt ist, die Gleichung eines Kegelschnitts in Polarkoordinaten:


ε>1E>0Hyperbel(offeneBahn)ε=1E=0Parabel(offeneBahn)ε<1mk22l2<E<0Ellipse(geschlosseneBahn)


Für da zweidimensionale Problem ist die Umrechnung auf kartesische Korodinaten sehr einfach:

Dies ist nämlich, wie jedem Mathematiker bekannt ist, die Gleichung eines Kegelschnitts in Polarkoordinaten:


cosϕ=xrsinϕ=yrr=(x2+y2)


Für ε<1 folgt:



(mkl2(1ε2)x+ε)2+m2k2l4(1ε2)y2=1m2k2l4(1ε2)2(x+l2mkε(1ε2))2+m2k2l4(1ε2)y2=1


Dies kann vereinfacht werden zu:


(x+e)2a2+y2b2=1


mit der Exzentrizität


e=a2b2


Dies ist die Gleichung einer Ellipse mit einem Brennpunkt im Ursprung.

Die Hauptachsen lauten:


a=l2mk(1ε2)=k2|E|b=l2mk1ε2=l2m|E|


Die relative Exzentrizität:


ε=ea=1b2a2


e, die absolute Exzentrizität ist der absolute Abstand zwischen Mittelpunkt der Ellipse und einem Brennpunkt.

Keplersches Gesetz

Folgt also aus der Bewegungsgleichung mit Gravitationspotenzial bei negativen Energien:

Die Planetenbahnen sind Ellipsen, in deren einen Brennpunkt die Sonne steht.

Keplersches Gesetz

T²~a³

Beweis:

Für die Fläche einer Ellipse gilt:


F=πab


Wenn wir das zweite Keplersche Gesetz verwenden ( Flächensatz), so gilt:


dFdt=l2m=const


Es ergibt sich der folgende Zusammenhang mit der Umlaufzeit:


0TdtdFdt=l2mT=F=πab


Aus der Herleitung des ersten Keplerschen Gesetzes ist bekannt:


b2a=l2mkb=lmkaT=2mπabl=2mπa32kT2a3=4π2mk


Die zweiten Potenzen der Umlaufdauer sind somit nicht exakt proportional zur dritten Potenz der großen Halbachsen, da auch die Masse des Planeten noch eingeht:


k=γm1m2m=m1m2m1+m2mk=1γ(m1+m2)


Falls die Planeten jedoch deutlich leichter sind als die Zentralgestirne, so gilt:


mk1γm2T2a34π2γm2


Leitet man dies aus dem Kraftansatz ab, so steckt der Fehler der Vernachlässigung der Planetenmasse in der Annahme einer kreisförmigen Bewegung um das Zentralgestirn. Das Ergebnis ist ebenso fehlerbelastet.