Vektorfelder als dynamische Systeme

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Die Dynamik sehr vieler physikalischer Systeme läßt sich zumindest als ein System von nichtlinearen Differentialgleichungen 1. Ordnung formulieren:


x¯˙=F¯(x¯(t),t)


Dabei ist

x¯Rn

dynamische Variable und

F¯:Rn×RtRn

ein Vektorfeld

Durch den analytischen Zusammenhang

x¯˙=F¯(x¯(t),t)
ist das dynamische System deterministisch:

Beispiel: Newtonsche Bewegungsgleichung mit reibung


y¨+f1(y,t)y˙+f2(y,t)=0


Mit der reibung f1 und der Kraft f2

Wir entwickeln daraus ein System von Differenzialgleichungen 1. ordnung:


y˙:=x2y:=x1
so folgt:
x˙1=x2x˙2=f1x2f2


Im Spezialfall HAMILTONSCHER Systeme, also:

x¯˙=J¯¯H,xJ=(0110)


folgt:


x1=qx2=p}x˙1=Hpx˙2=Hq


Fluß des Vektorfeldes

F¯:Rn×RtRn

auf der Mannigfaltigkeit M, hier: auf dem Phasenraum, z.B. über

Rn
(vergl. Kapitel 4.5):
Φ:M×RtM


Φ:M×RtM mit Φ(x¯0,t)=Φt(x¯0)=x¯(t,x¯0)


Der Fluß ist also zu verstehen als die Gesamtheit aller Bahnkurven = Trajektorien

Fixpunkte

x¯*

des autonomen dynamischen Systems

Dies sind sogenannte stationäre Punkte, Gleichgewichtspunkte, singuläre Punkte, kritische Punkte


0=x¯˙*=F¯(x¯*)


als Bestimmungsgleichung für die

x¯*


Stabilität eines Fixpunktes

Der Test auf Stabilitätsverhalten erfolgt durch Linearisierung für kleine Auslenkungen:


δx¯:=x¯x¯*:δx˙i=k=1n(Fixk)x*δxk


Kompakte Schreibweise:


δx¯˙=(DF)*δx¯
 mit der Jacobi- Matrix DF

Dies ist ein System von linearen Differenzialgleichungen mit konstanten Koeffizienten

Lösungsansatz:


δx¯(t)=ξ¯eλtλξ¯=Aξ¯ Eigenwertgleichung det(Aλ1)=0

liefert die Eigenwerte

λk

zu den Eigenvektoren

ξ¯(k)

zur Jacobi- Matrix DF = A

Die allgemeine Lösung lautet:


δx¯(t)=k=1nckξ¯(k)eλkt


Annahme: die Eigenwerte

λk

sind nicht entartet und die

ck

sind durch die Anfangsbedingungen bestimmt.

Beispiel: Ebenes Pendel (vergl Kap. 5.2)


ml2ϕ¨+mglsinϕ=0


x1=ϕx2=pϕ=ml2ϕ˙}x˙1=x2ml2x˙2=mglsinx1


Für die Fixpunkte gilt:


x˙1=x˙2=0x2=0,x1=nπ(n=0,1,...)


  • Fixpunkt im Ort (q=0) und im Winkel: Ganzzahlige Vielfache von Pi

Linearisierung


(δx˙1δx˙2)=(01ml2mglcosx10)*(δx1δx2)(01ml2mglcosx10)*:=A


Erster Fixpunkt: x1=x2=0 (ruhendes Pendel)


A=(01ml2mgl0)


Eigenwertgleichung:

det(Aλ1)=0|(λ1ml2mglλ)|=0=λ2+gl


Somit:

λ1/2=±igl=±iω


Somit folgt für die zeitliche Lösung:


δx¯(t)==c1ξ¯(1)eiωt+c2ξ¯(2)eiωt


Dies sind jedoch gerade ungedämpfte, freie Schwingungen um das Zentrum:


Für den Zweiten Fixpunkt

x1=π,x2=0

gilt:

Das Pendel steht senkrecht nach oben:


A=(01ml2mgl0)


det(Aλ1)=0|(λ1ml2mglλ)|=0=λ2gl


Eigenwerte:

λ1/2=±gl


Allgemeine Lösung:

δx¯(t)=c1ξ¯(1)eglt+c2ξ¯(2)eglt


Das bedeutet jedoch, dass der erste Term auf der rechten Seite für t gegen unendlich unendlich groß wird.

Die Lösung ist also instabil längs der Richtung von

ξ¯(1)


Das Zentrum im Phasenraum ist kein stabiler Fixpunkt mehr, sondern als Sattelpunkt instabil:


limtδx¯(t)=limt(c1ξ¯(1)eglt+c2ξ¯(2)eglt)=


Da die Matrix A nicht symmetrisch ist, sind die Vektoren

ξ¯(1) und ξ¯(2)

im Allgemeinen nicht senkrecht zueinander!

Ebenes Pendel mit Reibung

Ohne Reibung:

ml2ϕ¨+mglsinϕ=0
l = Pendellänge!

mit Reibung :

ϕ¨+2γml2ϕ˙+ω2sinϕ=0ω2=gl


x1=ϕx2=pϕ=ml2ϕ˙}x˙1=x2ml2x˙2=mglsinx12γx2
Die Fixpunkte sind ungeändert!

Linearisierung


(δx˙1δx˙2)=(01ml2mglcosx12γ)*(δx1δx2)(01ml2mglcosx10)*:=A


Erster Fixpunkt: x1=x2=0 (ruhendes Pendel)


A=(01ml2mgl2γ)


Eigenwertgleichung:

det(Aλ1)=0|(λ1ml2mglλ2γ)|=0=λ2+2γλ+glgl=ω2


Somit:

λ1/2=γ±iglγ2=γ±iω2γ2


Schwache Reibung:

ω2>γ2

→ Lösung wie angegeben demonstriert Schwingung mit abnehmender Amplitude:


δx¯(t)==c1ξ¯(1)eγ+iω2γ2t+c2ξ¯(2)eγiω2γ2t


Es liegt in stabiler Fokus vor. Die Lösung ist stabil

Starke Reibung

ω2<γ2


λ1/2=γ±γ2gl=γ±γ2ω2


δx¯(t)==c1ξ¯(1)eγ+γ2ω2t+c2ξ¯(2)eγγ2ω2t


Die Lösung ist überhaupt nicht mehr oszillierend, strebt aber entlang von

ξ¯(1) und ξ¯(2)

gegen einen stabilen Fixpunkt, bzw. ist der Fixpunkt entlang

ξ¯(1)

wie auch entlang

ξ¯(2)

stabil. Es liegt der sogenannte "Kriechfall" vor. Der Oszillator ist überdämpft. Im Phasenraum bildet der Oszillator einen stabilen Knoten:


Für den Zweiten Fixpunkt

x1=π,x2=0

gilt:

Das Pendel steht senkrecht nach oben:


A=(01ml2mgl2γ)


det(Aλ1)=0|(λ1ml2mglλ2γ)|=0=λ2+2γλgl=λ2+2γλω2


Eigenwerte:

λ1/2=γ±ω2+γ2


Allgemeine Lösung:

δx¯(t)=c1ξ¯(1)eγ+ω2+γ2t+c2ξ¯(2)eγω2+γ2t


Das bedeutet jedoch erneut, dass der erste Term auf der rechten Seite für t gegen unendlich unendlich groß wird.


λ1>0λ2<0

wie im Fall ohne Reibung!

Die Lösung ist also instabil längs der Richtung von

ξ¯(1)


Das Zentrum im Phasenraum ist kein stabiler Fixpunkt mehr, sondern als Sattelpunkt instabil:


limtδx¯(t)=limt(c1ξ¯(1)eγ+ω2+γ2t+c2ξ¯(2)eγω2+γ2t)=


Da die Matrix A nicht symmetrisch ist, sind die Vektoren

ξ¯(1) und ξ¯(2)

im Allgemeinen nicht senkrecht zueinander!