Die Hamiltonschen Gleichungen

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Ziel: Auch hier natürlich sollen Bewegungsgleichungen für die

pk,qk

gefunden werden.

Die Ableitung einer Bewegungsgleichung für

qk

aus der Lagrangegleichung 2. Art ist bereits bekannt:

Eine Variable:

Differenziale:


L=L(q,q˙,t):dL=Lqdq+Lq˙dq˙+LtdtH=H(q,p,t):dH=Hqdq+Hpdp+HtdtH=q˙pLdH=q˙dp+pdq˙dL=q˙dp+pdq˙LqdqLq˙dq˙Ltdt wegen Lq˙=pdH=Hqdq+Hpdp+Htdt=q˙dpLqdqLtdt


Dies gilt fuer beliebige Differenziale in q, p und t. Somit kann die Gleichung nur erfüllt werden für


Hq=LqHp=q˙Ht=Lt


Mit Hilfe der Lagrange Bewegungsgleichung


ddtLq˙=Lq;Lq˙=p;Lq=Hqp˙=HqHp=q˙


Die Hamiltonschen Gleichungen sind also beide gefunden.

Es handelt sich um 2 DGLn 1. Ordnung für q und p statt 1 DGL 2. Ordnung für q(t)

Mehrere Variablen

L(q1,...,qf,q˙1,...,q˙f,t)pk:=Lq˙kH(q1,...,qf,p1,...,pf,t)=k=1fq˙kpkL


dH=k(Hqkdqk+Hpkdpk)+Htdt=kq˙kdpk+kpkdq˙kkLq˙kdq˙kkLqkdqkLtdt=kq˙kdpkkLqkdqkLtdtHqk=LqkLqk=ddtLq˙k=ddtpkHpk=q˙k;Ht=Lt


Somit folgen hier die Hamiltonschen Gleichungen (Kanonische Gleichungen)


p˙k=HqkHpk=q˙kk=1,...,f


Der 2f- dimensionale Raum


Γ:={q1,...,qf,q˙1,...,q˙f}


heißt Phasenraum.

Er findet besonders in der klassischen statistischen Mechanik Anwendung. Dabei b4trachtet man Wahrscheinlichkeitsverteilungen auf dem Phasenraum.

Physikalische Bedeutung der Ham- Funktion

  • wegen L= T-V bei holonomen Zwangsbed. und konservativen Kräften
  • und wegen p(d/dt q)= 2T folgt: H = T+V

Dies gilt bei zeitlicher Translationsinvarianz (skleronome Zwangsbed.):

mit

tr¯i(q1,...,qf)=0undtL=0


Dann nämlich ist


k=1fTq˙kq˙k=2T
 (nach dem Eulerschen Satz: T ist quadratische, homogene Funktion der 
q˙k.


Somit:


k=1fLq˙kq˙kL=k=1fTq˙kq˙kL=2TT+V=T+V


beschreibt die Gesamtenergie des Systems: Nur bei skleronomen Zwangsbedingungen und konservativen Kräften!

Nach dem Noether- Theorem, speziell unter dem Kapitel ZEITLICHE TRanslationsinvarianz

folgt dann Gesamtenergieerhaltung.

Dies läßt sich leicht nachweisen:


dHdt=ddt(k=1fLq˙kq˙kL)=k=1f(Hqkq˙k+Hpkp˙k)+Ht=k=1f(HqkHpkHpkHqk)Lt=0wegenLt=0

Dies gilt also nur für skleronome Zwangsbedingungen. Bei rheonomen Zwangsbed. ist im Allgemeinen H nicht T+V!!

Beispiel: Perle an starrem rotierendem Draht:

Eine Perle der Masse m sei auf einem starren Draht, der in der -y- Ebene rotiert (Reibung durch Erdpotenzial zu vernachlässigen): Generalisierte Koordinaten q ist der Abstand der Perle vom Mittelpunkt:


Man kann sich H=T+V denken. Dabei gilt das effektive Potenzial mit

V=mq2ω2.


Aus

Lt=0

folgt dann ohnehin wieder ein Erhaltungssatz: H=const.

Typisches Anwendungsschema des Hamilton- Formalismus:

  1. Zunächst sind die generalisierten Koordinaten zu wählen:
q¯=(q1,...,qf)
  1. Transformation des Radiusvektors
r¯i=r¯i(q1,...,qf,t)r¯˙i=r¯˙i(q¯,q¯˙,t)
  1. Aufstellung der Lagrangegleichung:
L(q¯,q¯˙,t)=TV=12mir¯˙i2V
  1. Bestimmung der generalisierten Impulse:
pk:=Lq˙kpk=pk(q¯,q¯˙,t)Umkehrung:q˙k=q˙k(q¯,p¯,t)
  1. Anschließend Legendre Trafo:
H(q1,...,qf,p1,...,pf,t)=k=1fq˙kpkL
  1. Aufstellung und Integration der kanonischen Gleichungen:
p˙k=HqkHpk=q˙kk=1,...,f


Beispiele:

Teilchen in Zylinderkoordinaten ganz ohne Zwnagsbedingungen
  1. q1=3, q2=Phi, q3 = z
x=rcosϕ,x˙=r˙cosϕrϕ˙sinϕy=rsinϕ,y˙=r˙sinϕ+rϕ˙cosϕz=z
T=12m(x˙2+y˙2+z˙2)=12m(r˙2+r2ϕ˙2+z˙2)V=V(r,ϕ,z)L=L(r,ϕ,z,r˙,ϕ˙,z˙)=12m(r˙2+r2ϕ˙2+z˙2)V
  1. Generalisierte Impulse:
pk=Lq˙kpr=mr˙pϕ=mr2ϕ˙pz=mz˙
                                                                                            Radialimpuls, z-Komponente des Drehimpulses und z-Komponente des Impulses
  1. Aufstellung der Legendretrafo:
H=mr˙2+mr2ϕ˙2+mz˙2=12m(r˙2+r2ϕ˙2+z˙2)+VH=12m(pr2+pϕ2r2+pz2)+V(r,ϕ,z)
  1. Kanonische Gleichungen:
p˙k=HqkHpk=q˙kk=1,...,fr˙=Hpr=prm,ϕ˙=Hpϕ=pϕmr2,z˙=Hpz=pzmp˙r=Hr=pϕ2mr3Vr,p˙ϕ=Hϕ=Vϕ,p˙z=Hz=Vz

Interessant ist das Ergebnis der Zentrifugalkraft (Scheinkraft):

F(Zentrifugal)=

pϕ2mr3,
die den radialen Impuls ändert.

Bekannt aus dem Keplerproblem ist uns bereits der Fall V®, ein Zentralpotenzial bei ebener Bewegung:


p˙r=Hr=pϕ2mr3Vr,p˙ϕ=0,p˙z=0


Somit sind Drehimpuls in der Ebene und z-Impuls des Systems erhalten.


z,ϕ

sind zyklische Variablen


pz=const.=o.B.d.A.=0pϕ=const.

oBdA: ebene Bewegung, Drehimpulserhaltung in der Ebene

Beispiel: eindimensionaler harmonischer Oszi:

Das System ist skleronom wegen

Lt=0,
also folgt Energieerhaltung:  E=H=T+V


12m(q˙2+ωo2q2)=E=12m(p2m2+ωo2q2)p22mE+q2(2Emωo2)=1


Also ist die Lösung der Phasenraumkurve eine Ellipse. Die Ellipsengröße variiert je nach Energie:

Die Halbachsen sind:


a=2mE,b=2Emωo2

(bestimmt durch 1. Integral).

Als kanonische Gleichungen ergibt sich:


p˙=Hq=mωo2qq˙=Hp=pm


Daraus folgt dann gerade die Bewegungsgleichung

q¨=ddtHq=p˙´m=ωo2qq¨+ωo2q=0


Diese definiert ein Richtungsfeld im Phasenraum

Geladenes Teilchen im elektromagnetischen Feld:

Aus dem Kapitel Eichtransformation der Lagrangefunktion ist das nötige Handwerkszeugs bereits bekannt:


L(q¯,q¯˙,t)=TV=12mir¯˙i2V=m2q¯˙2+e(q¯˙A¯(q¯,t)Φ(q¯,t))


die kanonischen konjugierten Impulse lauten:


pk=L(q¯,q¯˙,t)q˙k=mq˙´k+eAk(q¯,t)q˙k=1m(pkeAk)H=k=13pkq˙kL=k=13pk1m(pkeAk)12mk=13(pkeAk)2k=13em(pkeAk)Ak+eΦH(q¯,p¯,t)=12m(p¯eA¯(q¯,t))2+eΦ(q¯,t)


Dabei begegnen uns die feinen Unterschiede im Impuls, nämlich


mq¯˙=p¯eA¯

als kinetischer Impuls (der auch tatsächlich mit der Geschwindigkeit verknüpft ist).


pk=Lq˙k

ist kanonischer Impuls